Corona verhindert meine Masterarbeit: Was tun wenn...

Eigentlich wollte ich heute ja über die Kinderbetreuung und ein paar Tipps dazu schreiben. ABER, im Moment erhalte ich ganz viele Anfragen von Studierenden, deren Datenlage für die Masterarbeit oder Doktorarbeit noch nicht gesichert ist. Die meinen Tipps fürs produktiv arbeiten im Home Office noch nicht folgen können. Ich betreue online Masterstudierende, die mir versichern, dass sie fleißig arbeiten würden, wenn sie nur könnten. Aber die Daten sind noch nicht gesammelt. Das ist jedenfalls das, was Ihr Gehirn Ihnen glaubhaft versichert: „Ich würde ja, aber…

...mein Untersuchungsfeld ist weggebrochen.“

Suzanne sollte in ihrer Masterarbeit zum Beispiel Interviews mit bestimmten Personengruppen in den USA führen. Jetzt kann sie die Menschen dort nicht treffen oder auch nur dorthin fliegen. Was also tun? Thema wechseln? Der Abgabetermin muss ja eingehalten werden, oder?

...ich kann nicht auf die Maschinen/Labore/Software etc. zugreifen.“

Dimitrios hat eine Simulation entwickelt und berechnet. Jetzt müsste er das tatsächliche elektrotechnische Experiment mit den Maschinen an der Uni durchführen. Die Ergebnisse daraus sind das Herzstück der Masterarbeit. Leider braucht er dazu aus Sicherheitsgründen zwei weitere Personen und vor allem Zugang zu den Räumlichkeiten. Im Moment unmöglich. Also was tun?

Diese Tatsachen zusammen mit der momentanen gesellschaftlichen Situation setzen meine Kunden unter Druck. Dazu kommt, dass Deutschland nicht ihr Heimatland ist und damit die sozialen und familiären Strukturen fehlen, die sie sonst in diesen herausfordernden Zeiten stützen könnten. Suzanne’s und Dimitrios‘ Stresspegel ist im Moment also wirklich hoch.

Stressmanagement heisst auch proaktiv werden

Was können die beiden denn nun machen? Stress wegmeditieren oder wegjoggen wie viele empfehlen ist sicherlich gut, um die „Augen-zu-und-durch“-Methoden erfolgreich anzuwenden. Nur, das eigentliche Problem, nämlich die Masterarbeit trotzdem fertig zu stellen und abgeben zu können, ist dadurch nicht gelöst.

WICHTIG: Ein Symptom der Stressreaktion, die durch diese Situation in den beiden entsteht, ist, dass sie zunehmend passiv werden. Sie können nicht mehr im gewohnten Maße auf ihre persönlichen Ressourcen zugreifen und nehmen ihren dadurch Handlungsspielraum nicht mehr wahr. Stress macht uns also nicht nur ‘dumm’, sondern auch passiv.

Was heißt das? Es bedeutet, dass es jede Menge gibt, was die beiden tun können, um diese Herausforderung anzugehen. Stressmanagement meint also nicht nur, neue Atemtechniken oder meditieren zu erlernen, sondern auch PROAKTIV zu handeln. Davon abgesehen, geht es uns mental viel besser, wenn wir aktiv etwas anstossen können.

 

3 konkrete Vorschläge zum aktiven Stressmanagement

Hier kommen meine ganz konkreten Vorschläge, wie trotz Corona-Krise und Datenmangel an der Masterarbeit weitergemacht werden kann:

 

  • Prüfen Sie, was Sie tun können!
    Für Dimitrios gilt jetzt zum Beispiel folgender Plan: er wird alle anderen Kapitel (Einleitung, Theorie, Methode) zuerst fertigstellen, inkl. sämtlicher formalen Vorgaben/Referenzen, etc. Er lässt lediglich das Ergebniskapitel und die Diskussion sowie den Abstract vorerst frei. Dann bereitet er seine Verteidigung vor und erstellt die Präsentation mit dem Corporate Design-Masterfolien seiner Universität. Er wird 20 Minuten präsentieren dürfen. Wir haben ca. 2 Minuten Sprechzeit pro inhaltlicher Folie gerechnet. Er wird also 10 inhaltliche Folien füllen können. Drei lässt er für die Ergebnisse/Diskussion/ Desiderata frei und den Rest kann er nach Fertigstellung seiner Kapitel erstellen. Das wird ihn mehr als die kommenden zwei Wochen Zeit kosten und das sind wichtige Aufgaben, die er mit oder ohne Daten machen kann. Dieses Vorgehen hat er mit seinem Betreuer abgestimmt.

  • Zur Kenntnis nehmen, was die jeweilige Universität online zu den Terminen veröffentlicht; die LMU München hat beispielsweise auf den Seiten des Prüfungsamtes daraufhin gewiesen, dass die Abgabetermine sich um die zusätzlich Schließungszeit der Bibliothek wegen der Pandemie verlängern. Weitere Infos seien den Seiten der Fächer/Lehrstühle zu entnehmen. Achtung: Jede Universität kann hier ein eigenes Vorgehen haben. Unbedingt recherchieren und lesen.

  • Kontakt mit der Betreuerin/dem Betreuer aufnehmen; Im Moment werden wohl viele Anfragen bei den wissenschaftlichen Mitarbeitern der Universitäten eingehen. Dennoch haben auch sie ein Interesse daran, diese Arbeiten (möglichst erfolgreich fertigstellt) zum Ende des Semesters zu erhalten. Hier lohnt es sich, vor dem Kontakt genau zu prüfen, was Sie inhaltlich und organisatorisch wissen wollen und wobei Sie Unterstützung brauchen. Fragen Sie zum Beispiel nach konkreten Handlungsempfehlungen für die Erhebung - Es geht sicherlich nicht nur Ihnen sondern vielen Masterkandidaten so und die meisten BetreuerInnen haben Ideen und Vorschläge für produktives Vorgehen oder einen Plan B. Informationen, die Sie an anderer Stelle (Prüfungsamt, international Office, Studentenwerk…) erhalten können, bitte dort nachfragen.

    Exmatrikulation/Rückmeldung: durch die verschobenen Termine müssen sich manche rückwirkend für das Sommersemester rückmelden. Das wird oft sehr einfach geregelt, sh. zum Beispiel LMU

Wenn Sie sich sehr labil fühlen, oder nicht mehr in der Lage sind, aktiv zu werden, dann wenden Sie sich bitte unbedingt an die psychotherapeutische Ambulanz Ihrer Universität. Dort ist man auch weiterhin für Sie da. Hier der Link ans Studentenwerk in München

Bitte bleiben Sie also aktiv, meditieren Sie, machen Sie Sport und schreiben Sie mir gerne:
as at drszameitat.com, wenn Sie Unterstützung brauchen. Ich biete jetzt in der Pandemie-Zeit jeden Tag eine kostenlose virtuelle Kaffeepause zur Mittagszeit an für ca. 20 Min, bei dem sich bis zu fünf Personen beteiligen können. Dies ist zum Austausch und gegen die Einsamkeit gedacht. Wer dabei sein möchte: Einfach eine Email schreiben.

Jetzt wünsche ich allen: Frohes Schaffen, viel Erfolg und ein fröhliches Herz!