Doktorarbeit: Produktiv im Home Office

Bisher konnte meine Kundin, Anna wunderbar in der Bibliothek arbeiten. Morgens nach dem kurzen Frühstück zu Hause, fuhr sie mit dem Fahrrad zur Bibliothek, holte sich die Bücher aus dem Spint und machte es sich auf dem reservierten Lieblingsplatz mit Laptop und den Büchern bequem.

Anna hatte das vor einem halben Jahr eingeführt mit einer klaren zeitlichen Struktur: 1,5- 2 Stunden arbeiten, eine kurze Pause, in der auch das Handy aus dem Spint geholt wird und allen dringenden Anfragen/Mails/ Nachrichten beantwortet werden. Mittags traf sie sich mit den anderen Kommilitonen, tauschte sich aus, ass und trank eine Kleinigkeit dann ging es wieder ohne Handy weiter mit der Dissertation bis etwa 15/16 Uhr. Der Rest des Tages war frei für Sport, Freunde, gemeinsame Aktivitäten, Einkaufen, etc.

Strukturen und Routinen brechen weg

Bis zum Shutdown lief es super. Jetzt hat sie mich wieder kontaktiert, weil unser ursprünglicher Plan zwar in der Bibliothek funktioniert, aber zu Hause leider gar nicht mehr. Anna quält sich um jeden Satz, sie schaut Netflix bis spät in die Nacht hinein, sie hat permanent ein schlechtes Gewissen und checkt dauernd das Netz nach neuen Nachrichten über die Pandemie.
Corona bremst nicht nur die Wirtschaft aus sondern auch Annas Doktorarbeit. Und das obwohl alle sagen: ist doch super! Jetzt hast Du endlich Zeit für die Diss und bist vollkommen ungestört. Hmm, ja. Von außen stört niemand.

 Also wie arbeite ich an der Dissertation im Home Office? Möglichst genauso produktiv?

Ein neues Zeitmanagement musste her und zwar schnell.

Die Idee, dass wir einfach woanders, nämlich jetzt eben zu Hause arbeiten und das bitteschön genauso effizient und produktiv wie vorher im Büro oder der Bibliothek ist einfach unrealistisch. Wir können das, aber nicht sofort. Wir brauchen dafür etwas Anpassungszeit und müssen wieder neu den Arbeitstag und die –woche strukturieren und planen. Und wenn etwas nicht funktioniert, dann probieren wir eine andere Strategie oder ein Tool aus und werfen nicht gleich die Flinte ins Korn.

Was funktioniert im Home Office?

Anna hat nach zwei Tagen festgestellt, dass der Weg vom Schlafzimmer in die Küche (=ihr Büro) nicht ausreicht, um sie genauso wach zu machen, wie die halbstündige Fahrradfahrt früher in die Bibliothek. Also geht sie vor dem Arbeiten raus: sie geht stramm etwa 20 Min.

Wenn sie zurückkommt, kann sie sich sofort an den Küchentisch setzen, densie schon vor Ihrem Spaziergang so aufgebaut hat, wie früher der Tisch in der Bib. - die Bücher bekommt sie jetzt digital. Dann stellt sie sich den Wecker auf 1,5 Stunden, macht das Handy aus, schaltet die notifications (= alles, was *bing* machen kann) aus und fängt an zu arbeiten. 90 Minuten sind zu schaffen. Wenn der Wecker klingelt, macht sie eine Pause. Dann arbeitet sie wieder 90 Min.

Die Mittagspause ist jetzt länger als vorher, sie kocht, telefoniert, informiert sich über aktuelle Entwicklungen und sichtet danach, welche Aufgaben für den Nachmittag noch anstehen. Manchmal macht sie ein kleines Mittagsschläfchen. Corona bringt nämlich nicht nur Einschränkungen sondern auch Freiheiten und die dürfen wir nutzen.

Dann geht sie die Aufgaben an, bei denen sie nicht mehr 100% konzentriert sein muss, Referenzen jagen zum Beispiel. Manchmal macht sie das nur 90 Minuten, manchmal länger. Sie hat sich eine virtuelle Kaffeepause auf Skype mit 3 Freunden eingerichtet: jeden Tag um 14.30 Uhr treffen sie sich online und sprechen über Alltägliches. So wie im Büro die Kaffeepause eben. Sie hat festgestellt, dass sie das braucht, um sich nicht so einsam zu fühlen.

Jeden Tag ab 17.00 Uhr hat sie frei! Sie geht einkaufen oder läuft eine Runde im Park, sie sieht Netflix, Youtube-videos und macht all das, weswegen sie vorher ein schlechtes Gewissen hatte.

Ein Tag am Wochenende ist komplett frei. Immer schon – auch vor der Pandemie. Auch daran hält sie sich. Und langsam bemerkt sie, dass jeden Tag 4,5-6 Stunden an der Dissertation zu arbeiten vollkommen ausreichen, um produktiv zu sein und voran zu kommen. Und die Regeln, die wir vorher schon besprochen hatten, um jede Arbeitssitzung produktiv zu machen, hält sie einfach weiter ein. Unser neuer Zeit-Plan funktioniert nun schon seit einer Woche für Anna.

Wir sind beide gespannt, wie lange er noch funktionieren muss.

Und bei mir? Ich kann heute nur deswegen über Anna berichten, weil mein Mann sich währenddessen um unsere Kinder kümmert. Morgen Nachmittag bin ich dann dran.  Und übermorgen schreibe ich dann, welche Tipps ich im Home Office für die Kinderbetreuung habe und was bei uns funktioniert. Quasi praxiserprobt.

Euch allen: frohes Schaffen und viel Erfolg!